Till Eulenspiegel
Schon Till Eulenspiegel wusste, dass man manchmal schneller voran kommt, wenn man langsam macht...

Ein Händler fragte einst Till Eulenspiegel, wie weit es noch bis zur Stadt sei. Er antwortete: »Eine Stunde, wenn ihr langsam fahrt und drei wenn ihr euch eilt.« Der Händler glaubte dem Spaßvogel kein Wort und raste los. Kurze Zeit später musste er anhalten, denn die Achse seines Wagens war gebrochen.

Eine Rechnung, die aufgeht...

Mit 30 km/h benötigt man 12 Sekunden für eine Strecke von 100 Metern; mit 50 km/h hat man die Distanz breits nach 7,2 Sekunden überbrückt. Man spart demnach 4,8 Sekunden pro 100 Meter, wenn man schneller fährt.

Das Umweltbundesamt schreibt hierzu: In der Praxis wurden bei Messfahrten Reisezeitverluste an Tempo-30-Strecken von 0 bis 4 Sekunden je 100 Meter festgestellt. [1] Die Reisezeitverluste fallen also geringer aus, als in der theoretischen Berechnung oben. Der Grund ist einfach: Man ist ja nicht allein auf der Straße und so muss man immer wieder abbremsen und kann die 50 km/h gar nicht auf der ganzen Strecke durchhalten. Oder anders ausgedrückt: Der Verkehr ist bei Tempo 30 homogener und damit flüssiger.

Vor allem tagsüber kann dieser Effekt sogar so stark werden, dass es keinen Unterschied zwischen Tempo 50 und Tempo 30 mehr gibt, was die Reisedauer anbelangt. [2]

...und doch falsch ist

Was wir oben berechnet haben, sind kurzfristige Effekte. Was dabei vergessen wurde sind die Auswirkungen, die diese Änderungen mittelfristig nach sich ziehen.

Schaut man sich die durchschnittiche Dauer an, die Menschen täglich unterwegs sind, im Fachjargon Mobilitätszeit genannt, so stellt man fest, dass diese Jahr um Jahr knapp über 80 Minuten pro Tag liegt. [3] Bei ähnlichen Studien in anderen Ländern findet man ähnliche Ergebnisse.

Wenn man aber immer die selbe Zeit mobil ist, kann man durch schnellere Fortbewegung keine Zeit sparen.

Was stattdessen passiert ist, dass die Wege länger werden. Und das gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen passt man das eigene Verhalten an die neuen Möglichkeiten an und zum anderen passen sich auch die Strukturen in unseren Gemeinden an.

Letzteres passiert beispielsweise, wenn die kleinen Läden in der Stadtmitte, die man gut zu Fuß erreichen konnte, schließen und stattdessen durch große Supermärkte am Stadtrand ersetzt werden. Das eigene Verhalten hingegen passt man beispielsweise bei der Wahl der Arbeitsstelle oder des Kindergartens an.

Quellen

[1] Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen, Umweltbundesamt, November 2016

[2] Environmental Assessment of Low Speed Policies for Moto Vehicle Mobility in City Centers, Global NEST Journal, No 2, pp 192-201, 2012

[3] Deutsches Mobilitätspanel (MOP), Karlsruher Institut für Technologie, November 2019